Geschlecht in der Bildungs- & Arbeitswelt

Bildungsungleichheiten sind in Deutschland gravierender ausgeprägt als in anderen europäischen Ländern. Hier ist der Bildungserfolg erheblich von dem familiären Hintergrund und den vorhandenen familiären sozialen und Materiellen Ressourcen abhängig. Dies ist spätestens seit Anfang der 2000 Jahre mit Bekanntgabe der ersten vergleichenden Forschungsergebnisse im Rahmen der PISA-Studien bekannt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020). Seitdem haben sich allerdings Bildungsungleichheiten in Deutschland nicht wesentlich reduziert, trotz des Ausbaus der Kindertagesbetreuung für Kind zwischen drei und sechs Jahren Dieser Ausbau sollte einerseits zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber auch zu einer strukturellen Verbesserung der Förderung von Kindern aus sog. benachteiligten Familien beitragen. Die heutigen Befunde zu Bildungsungleichheiten sind nach wie vor ernüchternd.

Einen Überblick zu Bildungsungleichheiten in Deutschland finden Sie hier.

Faktencheck_Bild

In diesem Faktencheck legen wir einen besonderen Fokus auf Bildungsungleichheiten aufgrund des Geschlechts. Die Benachteiligung von Mädchen und jungen Frauen im Bildungssystem und schließlich auch in der Arbeitswelt lässt sich als viel gravierender identifizieren als andere soziale Kategorien wie soziale Klasse oder Migrationsgeschichte. Dies ist besorgniserregend und unterstreicht gleichzeitig, dass die Arbeit mit jungen Menschen im Rahmen des Bundesprogramms JUGEND STÄRKEN: Brücken in die Eigenständigkeit sowie in anderen Angeboten für junge Menschen die Kategorie ‚Geschlecht‘ besonders berücksichtigen muss und auch geschlechtersensible Angebote der Förderung von Bildungschancen und sozialer Teilhabe Rechnung tragen müssen.

Vor diese, Hintergrund stellen wir in diesem Faktencheck Informationen und Reflexionen aus einem Interview mit Bettina Hannover und Karen Ollrogge zum Thema „Bildungsungleichheiten zwischen den Geschlechtern“ zur Verfügung.

Das Interview führte Benjamin Edelstein für die Bundeszentrale für politische Bildung. Das Interview ist online unter diesem Link verfügbar.

Bettina Hannover und Karen Ollrogge sind beide Psychologinnen und im Arbeitsbereichs „Schul- und Unterrichtsforschung“ am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin tätig.

FAKTENCHECK

Fakten aus dem Interview:

  • Mädchen sind heute erfolgreicher im Schulsystem als Jungen, sie haben bessere Noten, gehen häufiger auf ein Gymnasium und erwerben das Abitur, während sie seltener die Schule ohne Abschluss oder mit einem Hauptschulabschluss verlassen.
  • Der höhere Bildungserfolg der Frauen spiegelt sich jedoch nicht auf dem Arbeitsmarkt wieder. Sie verdienen weniger, sind in niedrigeren Positionen beschäftigt und weisen insgesamt eine geringere Erwerbstätigkeitsquote vor als männliche Gleichaltrige.

 

Wie kann das sein?

  • Frauen und Männer entscheiden sich – aufgrund des Einflusses von Geschlechtsstereotypen – überwiegend für Berufe, die zum eigenen Geschlecht „passen“. In vielen typisch „weiblichen“ Berufen (z. B. Pflege, Erziehung, Lehramt, Dienstleistung) wird weniger bezahlt als in typisch „männlichen“ Berufen (z.B. Technik, Management, Wissenschaft, Handwerk).
    • In einigen Berufen sind die Geschlechterverhältnisse von Frau und Mann deutlich unterschiedlich verteilt. Während der Frauenanteil in Berufen der Erziehung, der Hauswirtschaft und Theologie im Jahr 2023 am höchsten war, dominierten die Männer in den handwerklichen Berufen des Baugewerbes. (Statistisches Bundesamt 2023a)
    • Gender Pay Gap 2022: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer (Statistisches Bundesamt 2023b)

 

  • Viele Frauen reduzieren im Rahmen der Familien Care-Arbeit (eigene Kinder) ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend oder auch dauerhaft.
    • Aktuell gehen lediglich 20 % der Frauen, deren jüngstes Kind das sechste Lebensjahr noch nicht erreicht hat, einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach, während der entsprechende Anteil bei den Männern 87 % beträgt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, S. 36f).

 

  • Frauen sind häufiger als Männer in Jobs tätig, für die sie formal überqualifiziert sind (Bönke et al., 2019).
    • Während sich im Hinblick auf die Unterqualifikation keine Geschlechterunterschiede zeigten, gaben 14,1 % der Frauen an für ihren Arbeitsplatz überqualifiziert zu sein. Unter den Männern betrug dieser Anteil nur 9,8 % (Statistisches Bundesamt 2014)

Das bedeutet, dass es auch unterschiedliche, geschlechtsbezogenen Angebote für die Begleitung im Übergang Schule-Beruf geben muss. Einblicke in ein Praxisbeispiel gibt es in dem Podcast „Jugend und Geschlecht“ in Modul 2. Hier berichten zwei Vertreterinnen des Sisters Network.

Junge geflüchtete Frauen

„Arbeitsmarktintegration in Deutschland Geflüchtete. Frauen müssen viele Hindernisse überwinden“ (2021) von Yuliya Kosyakova, Lidwina Gundacker, Zerrin Salikutluk und Parvati Trübswetter

Mehr Infos finden Sie hier.

 

Queere junge Menschen

Mentoring-Programm für queere Menschen: „Queermentor: Empowerment für junge Menschen beim Berufseinstieg“

Mehr Infos finden Sie hier.

 

Link zum Mentoring-Programm

Autorengruppe Bildungsberichterstattung. (2020). Bildung in Deutschland 2020. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung in einer digitalisierten Welt. Bielefeld: wbv Media.

Bönke, T., Harnack, A. & Wetter, M. (2019). Wer gewinnt? Wer verliert?: Die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt seit den frühen Jahren der Bundesrepublik bis heute. Berlin: Freie Universität Berlin.

Statistisches Bundesamt (2014): Unter- und Überqualifikation. Internet.

Statistisches Bundesamt (2023): Gender Pay Gap 2022: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer. Pressemitteilung Nr. 036 vom 30. Januar 2023. Internet.

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