JUGEND STÄRKEN im Kontext der Sozialen Arbeit

Unabhängig davon, aus welcher Position heraus junge Menschen begleitet werden, gibt es Rahmenbedingungen, die grundlegend zur Stärkung der jungen Menschen in ihren Rechten führen und in der Beratung und Begleitung berücksichtigt werden sollten und gleichzeitig Momente der Selbstwirksamkeit schaffen. Die offene Grundhaltung der Fachkräfte und der beteiligten Institutionen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Ziel ist es, dass sich alle jungen Menschen, die Unterstützung annehmen möchten, in ihren Anliegen gesehen fühlen und gestärkt werden. Die Dimensionen, die zur Stärkung junger Menschen in der Sozialen Arbeit beitragen, sind vielfältig und überschneiden sich.

Rechtebasierter Ansatz

Ein rechtebasierter Ansatz rückt junge Menschen als Träger*innen von Rechten in den Mittelpunkt, nicht als bloße Empfänger*innen von Hilfeleistungen. Die UN-Kinderrechtskonvention bildet hier einen zentralen normativen Rahmen.

Ressourcenorientierung

Eine ressourcenorientierte Perspektive ist nicht defizitorientiert, sondern basiert auf den Fähigkeiten, Potenzialen und Stärken der jungen Menschen. Diese Herangehensweise erkennt an, dass junge Menschen auch in schwierigen Lebenslagen über Kompetenzen verfügen, die sie in ihrer Entwicklung nutzen können.

Förderung von Teilhabe

Teilhabe ist ein zentrales Element und eng mit dem rechtebasierten Ansatz verknüpft. Sie bedeutet mehr als bloße Mitwirkung – es geht um echte Beteiligung, Mitsprache und Mitgestaltung in allen Angelegenheiten, die junge Menschen betreffen.

Empowerment

Empowerment hat seine Wurzeln in verschiedenen emanzipatorischen und sozialen Bewegungen, insbesondere in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung, dem feministischen Aktivismus und dem Community Organizing der 1960er- und 1970er-Jahre. Es zielt darauf ab, junge Menschen zu befähigen, ihre Lebensrealitäten aktiv und selbstbestimmt zu gestalten.

Powersharing

Powersharing kann als Ergänzung zu Empowerment verstanden werden – dem bewussten Teilen von Macht, Entscheidungskompetenz und Einfluss. In der Zusammenarbeit mit Adressat*innen bedeutet das für die Fachkräfte, Kontrolle abzugeben, Entscheidungsprozesse zu öffnen, junge Menschen als gleichwertige Akteur*innen anzuerkennen und Privilegien zu teilen.

Antirassistische Ansätze: Gleichberechtigung fördern

Antirassistische Ansätze in der Kinder- und Jugendhilfe setzen an den Wurzeln struktureller Ungleichheit an – sie fordern eine kritische Auseinandersetzung mit Macht, Privilegien und institutionellem Rassismus und zielen auf eine Praxis, die Teilhabe und Gerechtigkeit für alle jungen Menschen ermöglicht.

Vielfaltssensible Beratung

Vielfaltssensible Beratung bedeutet, die Vielfalt der Lebenswelten junger Menschen zu erkennen und wertzuschätzen. Sie berücksichtigt unterschiedliche kulturelle Hintergründe, Geschlechteridentitäten, sexuelle Orientierungen, soziale Herkunft und weitere Merkmale.

Schutzkonzepte: Rechte schützen, Selbstbestimmung stärken

Schutzkonzepte dienen dem Schutz junger Menschen vor Gewalt, Diskriminierung und Machtmissbrauch und fördern gleichzeitig ihre Selbstbestimmung. Sie können einen zentralen Beitrag zum Schutz und zur Stärkung der persönlichen Rechte junger Menschen leisten.

Peer-to-Peer-Ansätze

Peer-to-Peer-Ansätze basieren auf der Idee, dass junge Menschen voneinander lernen und sich gegenseitig stärken können, indem sie selbst Rollen als Mentor*innen oder Berater*innen einnehmen. 

Beteiligung und Selbstorganisation

Beteiligung und Selbstorganisation sind zentrale Elemente einer emanzipatorischen Jugendhilfe, in der junge Menschen als aktive Gestalter*innen ihres Lebensraums ernst genommen und in ihrer Handlungskompetenz gestärkt werden.

Awarenesskonzepte im Rahmen von Veranstaltungen

Unter Awareness wird das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen verstanden, in denen grenzverletzendes oder -überschreitendes Verhalten stattfindet. Awarnesskonzepte setzen hier an.

Fazit

Bei allen Ansätzen liegt ein besonderes Augenmerk auf der Haltung der Fachkräfte und den Strukturen der Institutionen. Durch ein gemeinsames Zusammenspiel, können safer spaces geschaffen werden, in denen junge Menschen ihre Rechte wahrnehmen, ihre Ressourcen entdecken und ihre Potentiale entfalten können. Es braucht eine Haltung, die junge Menschen als kompetente Subjekte anerkennt, ihnen Rechte zugesteht und ihre individuellen Ressourcen in den Mittelpunkt stellt. Fachkräfte spielen hierbei eine Schlüsselrolle, indem sie Strukturen schaffen, die Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglichen. Bestehende Strukturen müssen kritisch hinterfragt und verändert werden. Die Soziale Arbeit steht dabei im Dienst junger Menschen und ist aufgefordert, sich aktiv für einen strukturellen Wandel einzusetzen – im Sinne der Grundrechte gemäß dem Grundgesetz, den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und den Sozialgesetzbüchern.

Zusammenfassend kommt folgenden Punkte eine besondere Bedeutung zu:

1. Grundlagen & Haltung der Fachkräfte

Frage: Warum handeln wir so?

  • Rechtebasierter Ansatz
  • Ressourcenorientierter Ansatz
  • Antirassistische und diversitätsbewusste Haltung mit machtkritischer Reflexion

2. Professionelles Handeln in der Begleitung

Frage: Was können Fachkräfte konkret tun, um junge Menschen zu stärken?

  • Empowerment fördern
  • Powersharing
  • Förderung von Teilhabe
  • Selbstbestimmung stärken
  • Parteilichkeit für junge Menschen (im Sinne des aktiv für die Interessen und Rechte der Jugendlichen einsetzen)

3. Schutz & Struktur zur Stärkung

Frage: Welche Rahmung können Institutionen bieten?

  • Schutzkonzepte & Awareness
  • Diversitätsorientierte Organisation & Repräsentanz (z.B. durch Leitbild)
  • Barrieren abbauen
  • Methodische Vielfalt und niedrigschwellige Zugänge

4. Partizipative Praxisformen

Frage: Wer gestaltet mit?

  • Kooperative Umsetzungsansätze
  • Peer-to-Peer-Ansätze
  • Beteiligung & Selbstorganisation

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, & Deutscher Bundesjugendring (Hrsg.) (2023). Qualitätsstandards für Kinder- & Jugendbeteiligung . Impulse zur Weiterentwicklung in Theorie und Praxis (3. Auflage). https://www.bmfsfj.de/resource/blob/204010/affa15d77c0b4a8da7e6c476e77446fc/mitwirkung-mit-wirkung-qualitaetsstandards-fuer-kinder-und-jugendbeteiligung-data.pdf letzter Zugriff: 30.04.2025

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2021). Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG): Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen. https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/neues-kinder-und-jugendstaerkungsgesetz-162860 letzter Zugriff: 02.06.2025

Derr, R., Gulowski, R., Kindler, H., Krüger, C., & Muther, A. (2022): „Hilf mir, zu helfen“ – Ein Werkbuch für die Praxis. Peers als Adressat:innen von Disclosure und Brücken ins Hilfesystem. München : Deutsches Jugendinstitut e.V. https://www.pedocs.de/volltexte/2025/30518/pdf/Derr_et_al_2022_Hilf_mir_zu_helfen.pdf letzter Zugriff: 05.05.2025

Deutsches Institut für Menschenrechte (o. J.): Datenbank für Menschenrechte und Behinderungen. Artikel 26 UN BRK. https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/datenbanken/datenbank-fuer-menschenrechte-und-behinderung/detail/artikel-26-un-brk letzter Zugriff: 26.05.2025

Ha, N. (2021). Rassismuskritische Perspektiven in der sozialen Arbeit mit Jugendlichen. Springer VS.

Henningsen, A., Herz, A., Fixemer, T., Kampert, M., Lips, A., Riedl, S., Rusack, T., Schilling, C., Schmitz, A. M., Schröer, W., Tuider, E., Winter, V., & Wolff, M. (2021). Qualitätsstandards für Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit (Report). Stiftung Universität Hildesheim. https://hilpub.uni-hildesheim.de/handle/ubhi/15584 https://doi.org/10.25528/071 letzter Zugriff: 02.06.2025

Karakayali, J., & Hochmuth, L. (2020). Rassismus in Institutionen der Sozialen Arbeit. Beltz Juventa.

Mecheril, P. (2018). Einwanderungsgesellschaft und pädagogisches Können: Kritische Perspektiven auf Bildung, Differenz und Macht. Springer VS.

Menhard, I. (2024). Orientierung an Empowerment und Powersharing als Konkretisierungsmöglichkeit intersektionaler Perspektiven in der (Offenen) Kinder- und Jugendarbeit. GENDER – Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft, 16(2), 56-70. https://doi.org/10.3224/gender.v16i2.05 letzter Zugriff: 02.06.2025

Müller, C., & Richers, T. (2020). Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe: Eine Einführung. Beltz Juventa.

Scherr, A. (2013). Interkulturelle und antirassistische Ansätze in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. In U. Deinet & B. Sturzenhecker (Hrsg.), Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit (S. 243–256). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18921-5_35 letzter Zugriff: 02.06.2025

Schröer, W., & Kutscher, N. (2023). Rechtebasierte Kinder- und Jugendhilfe. Sozial Extra 47, 82–83. https://doi.org/10.1007/s12054-023-00572-w letzter Zugriff: 02.06.2025

Siebel, F. (2016). Peer-to-Peer in der Jugendsozialarbeit: Jugendliche als Mitwirkende stärken. In D. Schrapper & W. Schröer (Hrsg.), Grundbegriffe der Jugendsozialarbeit (S. 203–210). Beltz Juventa.

Staub-Bernasconi, S. (2014). Handbuch Soziale Arbeit: Grundlagen, Theorien, Forschung, Handlungsfelder. Beltz Juventa.

United Nations (1989). Übereinkommen über die Rechte des Kindes. https://www.unicef.de/informieren/ueber-uns/fuer-kinderrechte/un-kinderrechtskonvention letzter Zugriff: 02.06.2025

Rechtebasierter Ansatz

Ein rechtebasierter Ansatz rückt junge Menschen als Träger*innen von Rechten in den Mittelpunkt, nicht als bloße Empfänger*innen von Hilfeleistungen. Die UN-Kinderrechtskonvention bildet hier einen zentralen normativen Rahmen. Besonders relevant sind dabei:

  • das Recht auf Beteiligung (Art. 12),
  • das Recht auf Entwicklung und Bildung (Art. 6 und 28),
  • das Recht auf Schutz vor Diskriminierung (Art. 2) (United Nations, 1989).

Fachkräfte sind daher angehalten, die Rechte junger Menschen aktiv umzusetzen und einzufordern. Dies bedeutet, Beteiligungsstrukturen zu schaffen, in denen Jugendliche mitentscheiden können, sowie ein Bewusstsein für strukturelle Benachteiligungen zu entwickeln und diesen entgegenzuwirken (Müller & Richers, 2020). Die rechtebasierte Kinder- und Jugendhilfe hat den Anspruch, Infrastrukturen zu schaffen, die es jungen Menschen ermöglichen ihre Rechte wahrzunehmen und gleichzeitig dabei Sorge trägt, Machtstrukturen abzubauen (Schröer et al., 2023).

Ressourcenorientierung

Eine ressourcenorientierte Perspektive ist nicht defizitorientiert, sondern basiert auf den Fähigkeiten, Potenzialen und Stärken der jungen Menschen. Diese Herangehensweise erkennt an, dass junge Menschen auch in schwierigen Lebenslagen über Kompetenzen verfügen, die sie in ihrer Entwicklung nutzen können. Fachkräfte, die ressourcenorientiert arbeiten, schaffen Räume, in denen junge Menschen eigene Selbstwirksamkeit wahrnehmen und Lösungsstrategien entwickeln können. Dies geschieht etwa durch:

  • die Förderung individueller Interessen und Talente,
  • die Anerkennung biografischer Erfahrungen als Kompetenzquelle,
  • die gemeinsame Zielentwicklung im Hilfeprozess.

Ressourcenorientierung bedeutet auch, das soziale Umfeld – wie Familie, Peers, Schule – als potenzielle Unterstützungsinstanz mit einzubeziehen und gesellschaftliche Ressourcen – wie Netzwerke und Institutionen – zu aktivieren. (Staub-Bernasconi, 2014)

Förderung von Teilhabe

Teilhabe ist ein zentrales Element und eng mit dem rechtebasierten Ansatz verknüpft. Sie bedeutet mehr als bloße Mitwirkung – es geht um echte Beteiligung, Mitsprache und Mitgestaltung in allen Angelegenheiten, die junge Menschen betreffen. Die UN-Kinderrechtskonvention (Art. 12) verpflichtet Fachkräfte dazu, die Meinung junger Menschen alters- und entwicklungsangemessen zu berücksichtigen. In der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe zeigt sich Teilhabe beispielsweise in der Beteiligung an Hilfeprozessen. Teilhabeprozesse fördern nicht nur demokratisches Verständnis, sondern stärken auch die Selbstwirksamkeit und das Vertrauen junger Menschen in ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Fachkräfte müssen hierfür geeignete Strukturen schaffen, Machtasymmetrien reflektieren und eine fehlerfreundliche Kultur fördern, in der junge Menschen ihre Meinung offen äußern können.

Exkurs: Teilhabe in der digitalen Welt

Die Digitalisierung bietet auch neue Chancen in der Kinder- und Jugendhilfe. Digitale Formate ermöglichen eine erweiterte Teilhabe, insbesondere für junge Menschen, die aufgrund von Mobilitätseinschränkungen oder anderen Barrieren nicht an Präsenzangeboten teilnehmen können. Beispiele für die Umsetzung in der Jugendsozialarbeit sind:

  • Bildungs- und Beratungsangebote flexibel und ortsunabhängig bereitzustellen,
  • Partizipation durch digitale Befragungen und Workshops zu fördern,
  • Kommunikation über sichere digitale Kanäle zu ermöglichen.

 

Digital Streetwork ist ein Modellprojekt des Bayerischen Jugendrings, welches Konzepte aufsuchender Jugendsozialarbeit ins Internet übertragen hat. Junge Menschen können die Beratung niedrigschwellig digital und wenn gewünscht anonym wahrnehmen.
So ermöglichen digitale Tools auch einen barriereärmeren Zugang für junge Menschen. Diese Möglichkeiten sind in der Gestaltung von Angeboten mitzudenken und einzubeziehen.

Empowerment

Empowerment hat seine Wurzeln in verschiedenen emanzipatorischen und sozialen Bewegungen, insbesondere in der Schwarzen Bürgerrechtsbewegung, dem feministischen Aktivismus und dem Community Organizing der 1960er- und 1970er-Jahre. Es zielt darauf ab, junge Menschen zu befähigen, ihre Lebensrealitäten aktiv und selbstbestimmt zu gestalten. Dies erfordert eine Fachpraxis, die barrierearm, ressourcenorientiert, rechtebasiert und diversitätssensibel ist. Fachkräfte spielen dabei eine zentrale Rolle, indem sie geschützte Räume (safer spaces) schaffen, eine Haltung der Wertschätzung, Parteilichkeit und Reflexion einnehmen und alle jungen Menschen unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen Merkmalen einbeziehen.


Safer spaces bezeichnet Austauschräume, die möglichst frei von Vorurteilen und Diskriminierung sind. Da kein Raum als sicher eingestuft werden kann, wird im Folgenden ‚safer‘ statt ‚safe‘ verwendet.

Empowerment bedeutet auch, gesellschaftliche Machtverhältnisse in den Blick zu nehmen und auf die Veränderung sozialer Strukturen hinzuwirken. In der Jugendsozialarbeit gilt es als zentrales Konzept zur Stärkung junger Menschen in prekären Lebenslagen. Ziel ist es, Jugendliche in die Lage zu versetzen, ihre Lebensbedingungen selbstbestimmt und aktiv zu gestalten. Dabei ist Empowerment nicht nur ein Ansatz, sondern vor allem eine Haltung der Fachkräfte, die sich durch Wertschätzung, Partizipation und eine konsequente Orientierung an den Ressourcen und Rechten junger Menschen auszeichnet. (Menhard 2024)

Powersharing

Powersharing kann als Ergänzung zu Empowerment verstanden werden – dem bewussten Teilen von Macht, Entscheidungskompetenz und Einfluss. In der Zusammenarbeit mit Adressat*innen bedeutet das für die Fachkräfte, Kontrolle abzugeben, Entscheidungsprozesse zu öffnen, junge Menschen als gleichwertige Akteur*innen anzuerkennen und Privilegien zu teilen.
Gerade in institutionellen Kontexten, in denen Fachkräfte oft definitionsmächtig sind, ist Powersharing ein zentraler Schritt zu echter Teilhabe. Sie teilen dabei ihre Privilegien bzw. setzen sich dafür ein, dass Ressourcen verteilt werden. Dies bedeutet im Kinder- und Jugendhilfekontext, gut zuzuhören, welche Bedarfe bestehen. Aber auch das Aktiv werden bspw. durch das zur Verfügung stellen von Räumen für Gruppen und safer spaces. Gleichzeitig geht es aber auch darum, den eigenen Einfluss zu nutzen, um auch bei Podien, Veröffentlichungen etc. an Expert*innen in eigener Sache zu verweisen und/oder selbst Veranstaltungsteilnahmen abzusagen, wenn Veranstaltungen nicht divers besetzt sind. (Menhard 2024)

Antirassistische Ansätze: Gleichberechtigung fördern

Antirassistische Ansätze zielen darauf, Rassismus als strukturelles Problem zu erkennen, zu benennen und ihm entgegenzuwirken. Sie beinhalten die Auseinandersetzung mit eigenen (auch unbewussten) rassistischen Einstellungen und Strukturen sowie die Förderung von Gleichberechtigung und Teilhabe für alle jungen Menschen. Fachkräfte müssen sich kontinuierlich fort- und weiterbilden, um rassismuskritische Kompetenzen zu entwickeln und in ihrer Praxis umzusetzen (Scherr 2013). Dies bedeutet, nicht nur individuelle Diskriminierungserfahrungen von Jugendlichen mit Rassismuserfahrung zu thematisieren, sondern auch institutionelle Ausschlüsse kritisch zu hinterfragen und abzubauen.

Ein zentraler Bestandteil ist die Anerkennung von Mehrfachzugehörigkeiten und intersektionalen Lebensrealitäten, wie sie im Konzept der intersektionalen Sozialen Arbeit verankert sind (Mecheril, 2018). →  Erklärvideo zu Intersektionalität 
Beratungsprozesse müssen dabei machtkritisch gestaltet und partizipativ angelegt sein. Das bedeutet konkret: Fachkräfte reflektieren ihre eigene Positionierung im Machtverhältnis und schaffen Räume, in denen Jugendliche ihre Perspektiven selbstbestimmt einbringen können (Ha, 2021). Zugleich wird gefordert, dass Trägerstrukturen diversitätsorientiert ausgerichtet werden – etwa durch die Repräsentanz rassismuserfahrener Fachkräfte und eine bewusste rassismuskritische Organisationsentwicklung (Karakayali & Hochmuth, 2020).

Vielfaltssensible Beratung

Vielfaltssensible Beratung bedeutet, die Vielfalt der Lebenswelten junger Menschen zu erkennen und wertzuschätzen. Sie berücksichtigt unterschiedliche kulturelle Hintergründe, Geschlechteridentitäten, sexuelle Orientierungen, soziale Herkunft und weitere Merkmale. Fachkräfte sollten sich ihrer eigenen Vorurteile und Privilegien bewusst sein und eine Haltung der Offenheit und Akzeptanz einnehmen. Sie berücksichtigt dabei kritisch alle Formen der Diskriminierung. 


Dies fördert ein respektvolles Miteinander und ermöglicht es jungen Menschen, ihre Identität ohne Angst vor Diskriminierung zu entwickeln und in der Beratung in all ihren Anliegen gesehen zu werden.

Schutzkonzepte: Rechte schützen, Selbstbestimmung stärken

Schutzkonzepte dienen dem Schutz junger Menschen vor Gewalt, Diskriminierung und Machtmissbrauch und fördern gleichzeitig ihre Selbstbestimmung. Sie können einen zentralen Beitrag zum Schutz und zur Stärkung der persönlichen Rechte junger Menschen leisten. Schutzkonzepte umfassen Verfahren und Maßnahmen zur Sensibilisierung, Risiko- und Ressourcenanalyse, Prävention, Intervention und Aufarbeitung. Ein partizipativer Ansatz ist hierbei entscheidend: Junge Menschen werden aktiv in die Entwicklung und Umsetzung von Schutzkonzepten einbezogen. Dies stärkt nicht nur ihre Rechte, sondern fördert auch ihre Handlungskompetenz und Verantwortung. Die Einrichtungsleitung trägt die Verantwortung den Prozess zu initiieren und diesen nach Möglichkeit partizipativ mit Adressat*innen und Mitarbeitenden zu gestalten. (Henningsen et al., 2021)

Projekt "SchutzJu": Digitales Toolkit

Im Projekt „SchutzJu“ wurde ein digitales Toolkit entwickelt, das junge Menschen dabei unterstützt, Schutzkonzepte in der Internationalen sowie der Offenen Jugendarbeit, der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit sowie der Jugendverbandsarbeit partizipativ zu erstellen. Dieses Toolkit fördert die Sensibilisierung für Themen wie Nähe und Distanz, Diskriminierung und (sexualisierte) Gewalt und stärkt die Handlungsfähigkeit junger Menschen in Krisensituationen. Weiterhin entstand im Rahmen des Projekt SchutzNorm die Broschüre „Qualitätsstandards für Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendarbeit“ sowie das Buch „Schutzkonzepte in der Offenen Jugendarbeit. Persönliche Rechte junger Menschen stärken“.

Peer-to-Peer-Ansätze

Peer-to-peer-Beratungsansätze sind niedrigschwellige Zugänge, in denen ein Austausch mit „Gleichrangigen“, „Gleichaltrigen“ oder „Gleichgesinnten“ stattfindet. Genutzt wird das Erfahrungswissen von Gleichaltrigen, um Unterstützung auf Augenhöhe zu ermöglichen. Junge Menschen nehmen dabei Rollen als Multiplikator*innen, Mentor*innen oder Berater*innen ein und treten als Expert*innen ihrer Lebenswelt auf. Ursprünglich stammen Peer-to-Peer-Ansätze aus den USA und haben sich als Methode „Peer Counseling“ seit den 1980er-Jahren auch in Deutschland, insbesondere als Angebot für Menschen mit Behinderungen etabliert. Seit Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) 2009 in Deutschland sind die Rechte von Menschen mit Behinderungen gestärkt worden und insbesondere in Artikel 26 wird Bezug auf die Unterstützung durch Betroffene genommen: Hier wird die Unterstützung durch Peers explizit als geeignete Maßnahme benannt, um die Unabhängigkeit und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen zu fördern, die Teilhabe an allen Lebensbereichen zu ermöglichen und somit die Ziele der UN-BRK zu erreichen.

Diese Form der Selbsthilfe und gegenseitigen Stärkung fördert soziale Kompetenzen, Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeit – zentrale Ziele der Jugendsozialarbeit. Die Peerberatung erkennt an, dass junge Menschen oft Expert*innen ihrer selbst sind. (Siebel 2016)
Peer-Angebote fördern ein Gefühl von Gemeinschaft, Solidarität und stärken das Vertrauen in die eigene Stimme. Damit tragen sie wesentlich zu einer demokratischen und partizipativen Kinder- und Jugendhilfe bei. Die Peers profitieren damit voneinander (Derr et. al. 2022).

Beispiele für überregionale Peerberatungen

Die Peerberatung U25 der Caritas ist eine digitale Suizidprävention. Junge Menschen u25 beraten nach Schulung anonym, vertraulich und kostenlos junge Menschen in Krisen und mit Suizidgedanken.

Die Online-Peerberatung für Care Leaver*innen zu Fragen rund um Bildungswege wird von einem Team ehrenamtlicher Peerberater*innen durchgeführt und von Mitarbeiter*innen des Instituts für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim betreut und koordiniert. Alle Peerberater*innen sind selbst Care Leaver*innen, haben verschiedene Erfahrungen auf ihrem Bildungsweg gesammelt und beraten auf Wunsch anonym.

Beteiligung und Selbstorganisation

Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte ist auch die Unterstützung in Selbstvertretung zu leisten und Angebote zur Beteiligung zu schaffen. Damit ist gemeint, dass junge Menschen befähigt werden, eigene Anliegen, Projekte und Interessen unabhängig von professionellen Vorgaben zu entwickeln und umzusetzen. Selbstorganisierte Strukturen ermöglichen jungen Menschen Verantwortung zu übernehmen, demokratische Prozesse zu erleben und eigene Gestaltungsmacht zu erproben. Beispielsweise können Räume selbstverwaltet, eigenverantwortlich Projekte umgesetzt, Interessensvertretungen gegründet, Beteiligungswerkstätten durchgeführt oder Jugendparlamente umgesetzt werden. Dabei treten sie als Expert*innen in eigener Sache auf.
Selbstorganisation stärkt das Vertrauen in die eigene Handlungskompetenz und ist ein wichtiger Gegenpol zu fremdbestimmten Hilfesettings. Sie eröffnet jungen Menschen Räume, in denen sie gestalten, die Initiative ergreifen, Verantwortung übernehmen und nicht nur teilnehmen. Im Falle einer begleitenden Rolle durch Fachkräfte, kommt diesen eine moderierende und beratende Rolle zu. Sie können dabei unterstützen, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, Hinweise auf Projektförderungen geben o.Ä., aber die Prozesse nicht dominieren.

Eine bundesweite Interessensvertretung ist bspw. der Care Leaver e.V.. In dem Netzwerk unterstützen sich junge Menschen aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und Pflegefamilien selbst auf dem Weg in die Selbständigkeit. Die Servicestelle Jugendbeteiligung stellt Informationsmaterialien für unterschiedliche Beteiligungsformate zur Verfügung.

Umsetzung von § 4a SGB VIII: Beteiligung als gesetzlicher Auftrag

Mit der Reform des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) im Jahr 2021 wurde § 4a SGB VIII eingeführt, der die Beteiligung von jungen Menschen sowie zugängliche Beschwerdemöglichkeiten in allen Einrichtungen und Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich vorschreibt. Damit wurde ein rechtlicher Rahmen geschaffen, der Beteiligung und Beschwerde nicht nur als fachliche Qualität, sondern als gesetzliche Verpflichtung verankert.

Konkret verpflichtet § 4a SGB VIII Träger dazu, geeignete Verfahren zu entwickeln, durch die Kinder und Jugendliche in allen sie betreffenden Angelegenheiten beteiligt werden können. Junge Menschen können flexibel wählen, inwiefern sie sich beteiligen (BMFSFJ, Deutscher Bundesjugendring, 2023).

§ 4a stärkt damit die Position junger Menschen strukturell, indem ihre Perspektive gesetzlich geschützt und institutionell abgesichert wird – ein wesentlicher Schritt zu echter Beteiligung und wirksamem Schutz.

Awarenesskonzepte im Rahmen von Veranstaltungen

Unter Awareness wird das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für Situationen verstanden, in denen grenzverletzendes oder -überschreitendes Verhalten stattfindet. Gesellschaftliche Machtstrukturen werden, teils auch unbewusst, regelmäßig reproduziert. Awarenesskonzepte unterstützen dabei, dass sich alle Menschen, unabhängig von Alter, sozialer Klasse, Behinderung, Weltanschauung, Religion, Geschlecht, sozialer Herkunft und sexueller Orientierung gleichberechtigt zusammenfinden können. Mögliches übergriffiges Verhalten kann dabei gemeldet werden und findet direktes Feedback. Es trägt dazu bei, zum Beispiel bei größeren Veranstaltungen safer spaces zu schaffen. (Menhard, 2024)

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Care Leaver*innen

Care Leaver*innen verfügen über Erfahrungen in stationären Erziehungshilfen (Jugendwohngruppen, Pflegefamilien oder andere betreute Wohnformen) und befinden sich im Übergang aus diesen Hilfeformen in ein eigenverantwortliches Leben oder leben bereits in eigenem Wohnraum. Care Leaver*innen können nachgehend eine ambulante Betreuung in Anspruch nehmen oder in anderen Hilfesettings (z. B. Jugendsozialarbeit oder Eingliederungshilfe weiter begleitet werden).
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