Dorothee Kochskämper und Severine Thomas
Armut bedeutet Einschränkung in nahezu allen Lebensbereichen – wie Bildung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe. Armut hat Auswirkungen auf die aktuelle Lebenssituation sowie auf zentrale Entwicklungsbedingungen und damit Zukunftschancen der jungen Menschen. Diese Einschränkungen sowie daraus resultierende psychosoziale Belastungen spiegeln sich oftmals auch in der Gesundheit und dem Gesundheitsverhalten junger Menschen wider.
Die KiGGS-Studie (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) stellt heraus, dass junge Menschen aus sozial benachteiligten Familien sowohl in Bezug auf die körperliche und psychische Gesundheit als auch hinsichtlich des Gesundheitsverhaltens geringere Gesundheitschancen haben.
Anhand der Ergebnisse der Studie kann bestätigt werden, dass ein niedriges Familieneinkommen, ein niedriger Bildungsstatus sowie ein niedriger beruflicher Status der Eltern erhebliche Auswirkungen auf den Gesundheitszustand sowie das Gesundheitsverhalten junger Menschen hat.
Daraus lässt sich ableiten, dass junge Menschen, die in Armut aufwachsen, als zentrale Zielgruppe der Gesundheitsprävention und -förderung adressiert werden müssen.
In Armut aufwachsende Kinder können sich oft nicht in ihrer ganzen Persönlichkeit entfalten. Sie haben mehr gesundheitliche Probleme bis hin zur Chronifizierung, die psychischen Belastungen sind wesentlich größer. Das ist besonders ab dem Grundschulalter sehr deutlich. Gesundheitliche Probleme wie Allergien und Asthma, aber auch schon frühe Erfahrungen in der Jugendzeit wie versuchte Suizide, Schwangerschaftsabbrüche gemacht zu haben, all das findet sich in armutsbetroffenen Milieus sehr viel öfter als in den Vergleichsgruppen."
Funcke, A. & Menne, S. (2023): Factsheet Kinder- und Jugendarmut in Deutschland.
Walper, S. (2024): Jugendliche in Armutserfahrungen: Welche Unterstützung kann Jugendhilfe leisten? In: ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit. 55. Jahrgang, Nr. 1/2024.
Vor allem wenn es darum geht, Personengruppen mit erhöhten Vulnerabilitäten zu erreichen, bedeutet dies für alle Akteurinnen und Akteure sowie Institutionen, sich mit gesundheitsfördernden Maßnahmen stärker an den jeweiligen Lebenswelten und an Verteilungsgerechtigkeit zu orientieren und diese über die Entwicklung koordinierter und partizipativ angelegter Konzepte und Strategien in den verschiedenen Handlungsfeldern wirkungsorientiert zu verankern.“
Walper, S. (2024): Jugendliche in Armutserfahrungen: Welche Unterstützung kann Jugendhilfe leisten? In: ARCHIV für Wissenschaft und Praxis der Sozialen Arbeit. 55. Jahrgang, Nr. 1/2024.
Nicht nur die Kinder- und Jugendhilfe ist gefragt!
Alle Akteuer*innen in kommunalen Institutionen und in Einrichtungen des Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereichs können Quellen gesundheitsfördernder Unterstützung sein!
Eine Arbeitsgruppe des Beratenden Arbeitskreises der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des bundesweiten Kooperationsverbunds Gesundheitliche Chancengleichheit hat in einer Broschüre Kriterien für gute Praxis der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung erarbeitet. Diese dienen als fachlicher Orientierungsrahmen für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen der Gesundheitsförderung.
Die Kriterien bieten Orientierung im Hinblick auf die Reflexion vorhandener Angebote sowie zur Gestaltung neuer Maßnahmen. Adressiert sind alle Fachkräfte in Bund, Ländern, Kommunen und Quartieren unterschiedlicher Handlungsfelder – in Kitas, Schulen und allen anderen Einrichtungen, die zur Förderung der Gesundheit sozialbenachteiligter Menschen beitragen können.
… ist darauf ausgerichtet, sozial bedingte gesundheitliche Ungleichheiten zu verringern und damit gesundheitliche Chancengleichheit zu stärken.
Ziel ist es, soziale Gruppen, die mit besonders großen Belastungen konfrontiert sind und zugleich über besonders geringe Ressourcen zur Bewältigung ihrer Belastungen verfügen, wie z.B. in Armut lebende bzw. armutsgefährdete junge Menschen, durch Belastungsminderung und Ressourcenstärkung zu unterstützen.
Eine Kommune richtet in einem Stadtteil mit besonderem Entwicklungsbedarf einen neuen Park mit verschiedensten Bewegungsangeboten ein. U.a. wird eine Skate-Anlage eingerichtet, die vor allem von Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt werden soll. Da die von Armut betroffenen Familien meist in relativ kleinen Wohnungen leben, besteht ein großer Bedarf an Freizeitangeboten – insbesondere für junge Menschen, da sie sonst nur wenige öffentlich zugängliche Bewegungsräume vorfinden. Die jungen Menschen sind in die Planung und konkrete Gestaltung der Skate-Anlage einbezogen. Nach der Fertigstellung bietet der örtliche Sportverein gemeinsam mit dem nahe gelegenen Jugendfreizeitheim Skateboardkurse zur Einführung und zum Erwerb spezieller Skills an, um das Selbstbewusstsein der jungen Menschen zu stärken und gemeinschaftliche Aktivitäten anzuregen. Der Träger des Jugendfreizeitheims nutzt den Kontakt zu den jungen Menschen, um ihnen weitere Angebote wie z. B. Hausaufgabenhilfen bekannt zu machen sowie weitere soziallagenbezogene Aktivitäten mit ihnen gemeinsam zu planen und durchzuführen.
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